Interview mit Tom Schimmeck über die alten Öffentlichkeiten

Bei Telepolis ist der erste Teil eines Interviews mit dem Journalisten Tom Schimmeck über „Macht und Ohnmacht der Medien“ erschienen: „Worunter wir gerade in den Chefetagen am meisten leiden, ist Charaktermangel“. Das ist lesenswert, ebenso wie sein aktuelles Buch „Am besten nichts Neues: Medien, Macht und Meinungsmache“. Letzteres hab ich letzten Monat gelesen und man lernt daraus eine Menge, wie die alten Öffentlichkeiten in Deutschland im Moment funktionieren und warum wir deshalb ein kleines Problem der Demokratie haben.

Das ist der Ankündigungstext des Verlages zu dem Buch:

Der Mut der Presse schwindet, Journalisten und Redakteure stehen immer mehr unter Druck. Konzerne sparen Verlage und Sender zu Tode, und PR-Profis steuern die Themen. Tom Schimmeck seziert die Misere der Öffentlichkeit. Sein Fazit: Die Medien drohen zu Handlangern derer zu werden, die sie kontrollieren sollten – mit fatalen Folgen für unsere demokratische Gesellschaft.

Während Zeit und Geld ständig knapper werden, in den Redaktionen und Korrespondenzbüros immer weniger Leute die gleiche Menge an Arbeit machen, wächst in Wirtschaft und Politik die Macht und Zahl der Spin-Doktoren, PR-Consultants, Agendasetter, Werber, Imageberater, Marktforscher, Eventmanager und Mediencoaches. Meinungen und Stimmungen werden gegen Geld von Profis gemacht. Ihre perfekt designten Bilder und Botschaften zielen direkt auf die Massen. Der unabhängige Journalist ist nur noch Störfaktor. Tom Schimmeck, seit dreißig Jahren Journalist für führende Medien, beschreibt Mechanismen der Gleichschaltung und Ursachen der Misere. Seine Bestandsaufnahme unserer defekten Öffentlichkeit zeigt: Wenn wir nicht bald irgendwo zwischen Putin und Berlusconi landen wollen, brauchen wir mehr denn je eine unabhängige, kritische vierte Gewalt im Staat.

Wie schon geschrieben ist das Buch lesenswert und man liest es auch schnell durch, weil gut geschrieben, kostet aber 17,95 Euro.

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6 Ergänzungen

  1. Da sieht man doch, warum Qualitätsjournalismus Geld kosten muss und wofür er wichtig ist. Und dass kleine Blogger derzeit immer Angst vor der Abnahmkeule haben müssen. Zum Glück hält diese angst nicht alle auf.

  2. Hey markus,

    danke für den Hinweis ! Das ist wirklich mal ein sehr lesenswertes Interview. Allerdings auch beunruhigend, wenn etwa festgestellt wird, dass „Bild zum politischen Leitmedium geworden“ ist. Wobei das natürlich so einiges erklärt, etwa auch die erwähnte, leicht faktengelöste
    Berichterstattung über die finanziellen Probleme Griechenlands, die ja so auch außerhalb der BILD auf die Medien überschwappte.

    Das Buch von Schimmeck, werde ich mir, demnächst auch mal gönnen.

  3. Lieber Markus,

    danke für die Leseempfehlung. Ich habe mir das Buch daraufhin bestellt. Nach der Lektüre muß ich sagen: Ich finde, Schimmeck hätte vor allem am Anfang nicht so dick und pathetisch auftragen müssen (er scheint wie ich ein Verehrer der Graß’schen Endlos-Schachtelsätze zu sein). Wenn man das ignoriert, erfährt man zum Teil von Realitäten, gegen die die eigenen, ohnehin schon resignierenden Ansichten über „die Medien“ fast schon harmlos sind.

    In einer Zeit, in der „Nachrichten“-Sprecher zu Regierungssprechern werden (ohne daß sich dadurch effektiv etwas ändert) und Regierungssprecher zu Rundfunkintendanten, kann man dieses Buch wirklich allen empfehlen, denen noch der finale Kick fehlt, um sich von der veröffentlichten Meinung à la „Spiegel“ und ZDF endgültig loszusagen.

    Also, lesen!

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