Transkript der BKA-PK vom 27.08.2008 Jörg Ziercke, Präsident Bundeskriminalamt Ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Kerger, Frau von Weiler. Ich denke, es ist deutlich geworden, dass hinter jedem Bild der Kinderpornografie ein realer sexueller Missbrauch eines Kindes steht. Meine Damen und Herren, der Großteil der Kinderpornografie im Bereich des World-Wide-Web wird mittlerweile über kommerzielle Webseiten verbreitet. Die Verantwortlichen nehmen monatlich Millionenbeträge ein. Die technische Sperrung solcher Seiten, so genanntes Access-Blocking könnte ein wichtiger Beitrag sein, um die Verbreitung und Besitzverschaffung von Kinderpornografie zu erschweren. Solche Maßnahmen werden, teils schon seit Jahren, in Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland, Italien, Schweiz, Neuseeland, Großbritannien, Südkorea, Kanada und Taiwan durchgeführt. So werden beispielsweise in Norwegen durch Access-Blocking täglich ca. 15.000 Zugriffsversuche auf kinderpornografische Webseiten abgewehrt. Rückläufige Kundenzahlen ziehen sinkende Gewinne nach sich und machen das Geschäft mit Kinderpornografie somit weniger lukrativ. Dieser Effekt kann durch ein intensiviertes, gemeinsames Vorgehen mit Kreditkartenunternehmen und den Betreibern von Zahlungssystemen wie zum Beispiel e-gold, PayPal und Western Union noch verstärkt werden. In den USA sperren einzelne bedeutende Provider freiwillig kinderpornografische Webseiten. Daneben gibt es in den Niederlanden, Belgien, Irland, Island, Polen, Australien und Japan konkrete Überlegungen zum Blockieren von Webseiten. In Italien beispielsweise wurde 2006 ein Gesetz erlassen, dass die Provider verpflichtet, bekannt gewordene kinderpornografische Inhalte in das dort ebenfalls neu eingerichtete nationale Zentrum für die Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet zu melden und Instrumente zum Filtern bzw. Sperren von entsprechenden Webseiten bereit zu halten. Verstöße gegen diese Verpflichtung können in Italien auf Basis dieses Gesetzes mit Bußgeldern in Höhe von 50.000 bis 250.000 Euro geahndet werden. Das genannte nationale Zentrum für die Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet koordiniert die eingehenden Hinweise auf kinderpornografische Webseiten und stellt eine Negativliste zusammen. Die Provider sind dann verpflichtet, auf einen entsprechenden Hinweis des Zentrums binnen sechs Stunden zu reagieren und den Zugang ihrer Kunden zu der jeweiligen Webseite zu unterbinden. Wie sieht es in Deutschland aus, werden sie fragen. Deutsche Internet- Access-Provider sehen die Durchführung von Access-Blocking in Deutschland kritisch. Als Argumente werden zum Beispiel hohe Kosten für die Provider, haftungsrechtliche Fragen sowie technische Probleme ins Feld geführt. Zwei im Auftrag der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) durchgeführte Gutachten kommen jedoch zu dem eindeutigen Schluss, dass das Blockieren von kinderpornografischen Webseiten auch in Deutschland rechtlich und technisch machbar ist. Im internationalen Vergleich ist festzustellen, dass in einer zunehmenden Zahl sowohl EU-Staaten als auch im außereuropäischen Ausland der Zugang zu kinderpornografischen Webseiten blockiert wird. Ein nennenswerter gesellschaftlicher oder politischer Widerstand dagegen ist hier nicht bekannt. Zurecht fragen viele: Warum sind in Deutschland noch keine Maßnahmen gegen den massenhaften Zugriff auf kinderpornografische Webseiten getroffen worden? Eine freiwillige Selbstverpflichtung der deutschen Access-Provider zur Implementatierung des Access-Blocking ist nicht absehbar. Ich hatte vor einem Jahr bereits einige angeschrieben, hab daraufhin aber keine Antworten erhalten. Wir haben ein Gutachten bekommen, das uns bestärkt, dass es technisch und rechtlich machbar ist, wie ich es eben ausgeführt habe. Daher rege ich eine Diskussion an, eine Diskussion darüber an, ob nicht die Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung zur Sperrung des Zugangs zu kinderpornografischen Webseiten durch die Provider auch in Deutschland herbeigeführt werden sollte. In diese Diskussion, und das passt jetzt eigentlich nicht zu diesem Thema der Kinderpornografie, aber ich erwähne es trotzdem, ist ganz dringend auch die Sperrung von Webseiten mit fremdenfeindlichen und antisemitischen Inhalten im Internet einzubeziehen.