Die Europäische Kommission zweifelt an der Wirksamkeit von Netzsperren

In einem von Statewatch geleakten Entwurf eines Grünbuch über Online-Glücksspiele im Binnenmarkt (pdf) zweifelt die Europäischen Kommission an der Wirksamkeit von Netzsperren. Sie werden als « technisch herausfordernd » und « kostspielig » bezeichnet (S.6):

Während Zugangssperren zu Anbietern, die über keine nationalen Lizenzen verfügen, gerechtfertigt sein mögen, erwiesen sie sich jedoch bislang als technisch herausfordernd und kostspielig, mit der Wirkung, dass ein nicht unbedeutendes illegales Restangebot weiterhin erreichbar bleibt.

(Whilst blocking access to operators without a national license might be justified, this has proved to remain technically challenging and costly to date, with the effect that a residual but significant “unlawful” offer may continue to be accessible.)

Und ein paar Seiten weiter heißt es (S. 29):

Die Wirksamkeit von Sperrsystemen hängt von einer vordefinierten und aktualisierten Liste von zu sperrenden Elementen, sowie von effizienten Softwaresystemen ab. Diese Systeme sind offensichtlich effektiver im Einsatz gegen bekannte Marken und lizenzierte Anbieter als nicht-lizenzierte kriminelle Anbieter.

(The efficiency of a blocking system depends on pre-defined and updated list of items to block as well as efficient software systems. Such systems are obviously more likely to be effective against well recognised brands and licensed operators than unlicensed criminal operators.) – Übersetzung vasistas?

Dieser geleakte Entwurf wurde in Frankreich besonders interessiert aufgenommen, denn dort sind Glücksspielaktivitäten im Internet bereits reguliert. Ende 2009 beschloss das französische Parlament, dass nach richterlichem Beschluss nicht-lizenzierte Webseiten gesperrt werden können. So wurde beispielsweise im letzten Jahr nach einem Urteil des Tribunal de Grande Instance in Paris der Anbieter Stanjames gesperrt. Die Sperre wurde aber ziemlich schnell durch eine Spiegelung der Seite umgangen.

(Crossposting von vasistas?)

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5 Ergänzungen

  1. ja, verstehe. es ist kostspielig, internet zu sperren.

    denkt von den brüsseler ars….ern auch mal einer an die bürger- und grundrechte, oder wird nun alles der raffgier und der kohle untergeordnet.

  2. hmm, handelt es sich hierbei um kipo-online-glücksspiel, oder stehe ich einfach nur auf dem schlauch? hach, ich bin aber auch plöde!

  3. Man kann es drehen und wenden wie man will – Kinderpornografie ist nur ein Vorwand zur Einrichtung von Netzsperren. Es gibt unzählige Praxisbeispiele daß Staaten die Netzsperren eingeführt haben, ob nun anfangs nur zur (angeblichen) Bekämpfung von Kinderpornografie oder nicht, früher oder später zur Sperrung anderer, völlig „themenfremder“ Inhalte übergegangen sind.

    Und eine EU-Richtlinie (zumindest in der geplanten Form) in der Sperren verbindlich vorgeschrieben wären, würde in der Praxis niemals lediglich auf Bilder sexuellen Mißbrauchs von Kindern beschränkt bleiben. Das liegt allein schon an der extrem ausufernden Definition von Kinderpornografie, die in dem aktuellen Richtlinienentwurf vertreten wird.

    Sicher, man braucht (zynisch gesprochen) quasi eine „breite“ Definition, damit möglichst viel unter Kinderpornografie fällt… eben auch 20jährige Scheinjugendliche, die vielleicht, vielleicht auch nicht so aussehen wie körperlich gut entwickelte 17 1/2-jährige. Ohne diese Definition würde nämlich der casus belli fehlen, es wäre zu offensichtlich daß man hier – ohne „echte“ Kinderpornografie an sich verharmlosen zu wollen – mit Kanonen auf Spatzen schießt weil KiPo im offenen www so gut wie nicht existent ist, und daß man es in Wirklichkeit auf die Sperrung ganz anderer Inhalte abgesehen hat.

    1. @Andreas:
      Vor längerer Zeit geisterte mal ein offizielles Dokument durchs Netz, in dem irgendeine Behörde Anzeichen für Scheinjugendlichkeit zusammengestellt hatte. (Leider kann ich das ums Verrecken nicht mehr ergoogeln; es war aber glaubhaft authentisch.) Jedenfalls war eines der genannten Anzeichen, an dem man Scheinjugendlichkeit erkennt, das Fehlen von Schambehaarung. Darüber lache ich heute noch. :)

  4. @Andi:

    jepp, eine unbehaarte Schamgegend ist absolut kein aussagekräftiges Unterscheidungsmerkmal mehr. Das kann keiner mehr anzweifeln, der regelmäßig auf diesem Planeten lebt. Gibt glaub ich sogar Umfragen daß 60 Prozent aller 18- bis 25jährigen inzwischen ohnehin rasiert sind.

    Ich hab den Text auch gelesen damals… bezeichnenderweise hieß es in dem Vorwort zu dem Gutachten, daß die neue Rechtslage von §184 StGB Abgrenzungsprobleme aufwerfen würde, die man mit eben jenem Papier lösen wollte.

    Dort wollte man allen Ernstes als Attribute für (Schein-)Jugendpornografie unter anderem folgendes ausmachen, wohlgemerkt Kriterien die überhaupt nix mit dem tatsächlichen nachweislichen Alter einer abgebildeten Person zu tun haben mußten:

    – Darsteller tragen Zahnspangen
    – kleine Körbchengröße bei weiblichen Darstellern
    – „die Farbe rosa“ ist in dem Bildmaterial sehr dominant (steht da echt so drin!!)
    – Frauen die Zöpfe tragen
    – Schuluniformen
    – Umgebungen wie farbenfrohe Jugendzimmer, Spielplätze, Jugendclubs etc etc.

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