UN: Internet-Trennung ist Menschenrechtsverletzung

In einem Bericht an das Human Rights Council von 16. Mai bezeichnet der UN-Sonderberichterstatter zum Schutz der Meinungsfreiheit, Frank La Rue, das Abklemmen von Internetanschlüssen als Verletzung eines Menschenrechts (Dieser Satz muss muss deshalb so kompliziert formuliert werden, weil er nicht besagt, dass Menschen, die nie einen hatten, nun ein Recht darauf hätten).

Unverhohlen gibt er mit dieser Äußerung nicht nur nordafrikanischen Ländern, sondern ausdrücklich europäischen Ländern eins vor den Bug:

This also includes legislation based on the concept of “graduated response”, which imposes a series of penalties on copyright infringers that could lead to suspension of Internet service, such as the so-called “three- strikes-law” in France34 and the Digital Economy Act 2010 of the United Kingdom.

For example, the parliament of Estonia passed legislation in 2000 declaring Internet access a basic human right. The constitutional council of France effectively declared Internet access a fundamental right in 2009, and the constitutional court of Costa Rica reached a similar decision in 2010.

In dem Bericht werden auch viele andere Themen wie ACTA, Datenschutz & Privatsphäre aus Bürgerrechts-Perspektive behandelt. So ein Berichterstatter ist zwar ein zahnloser Tiger, aber die Flecken, die er auf eine weiße Weste macht, gehen nur schwer wieder raus.

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24 Ergänzungen

    1. danke für den interessanten artikel ;)

      könnte es sein, dass in der (klammer) ein wort überzählig ist?
      schönes restwochenende an alle ;) mfg Sarge

  1. Frankreich verstößt also gegen Menschenrechte. Ich bezweifle trotzdem, dass wir dort bald Blauhelme sehen werden %-/

  2. find ich lustig….das sollte man denen mal direkt unter die nase halten, besonders dem sarkozy, dessen partei ja eh schon 3mal gegen das urheberrecht verstoßen hat.

  3. Heißt dass, ich kann jetzt meine Zahlungen an meinen Provider einstellen und dann die blauhelme anrufen, wenn die mir mein internet abdrehen? :-D

    1. So würde ich das nicht interpretieren.
      Mit deinem Provider hast du ja einen Vertrag, der besagt „Du gibst uns Geld, im Gegenzug bekommst du Internetzugang“. Wenn du jetzt die Zahlung einstellst, darf der Provider natürlich auch seine Leistung einstellen.
      Aber der Staat darf dir nicht einfach deinen Zugang abdrehen, nur weil er der Meinung ist, du würdest ihn falsch nutzen.

  4. Verstehe ich das richtig? Internetanschluss als Menschenrecht zu dem mir vom Staat immer der Zugang gewährt bleiben muss? Wie komisch ist das denn ;-)?!

      1. Vielen Dank, autolykos!
        Da hast du Recht, die Klammer ist mir entgangen – wer lesen kann, ist hier also klar im Vorteil. Trotzdem, das Abklemmen ist auch keine Verletzung eines Menschenrechts in meinen Augen.

      2. @XY: Naja, wenn man bedenkt, dass das Internet zunehmend zu einem der zentralen Informationskanäle in unserer Gesellschaft wird, ist das Abklemmen des Internet-Anschlusses (wegen einer Urheberrechtsverletzung) schon ein recht massiver Eingriff, der in keinem Verhältnis mehr zum eigentlichen Vergehen steht.

      3. Hey Volker! ;-)
        Da magst du Recht haben, dass das ein unverhältnismäßig drastischer Einschnitt ist, aber sind Informationen in digitaler Aufbereitung ein Menschenrecht? Im TV, Radio oder in Zeitungen/Zeitschriften bekommt man dieselben Infos, u.U. nur mit leichter zeitlicher Verzögerung (TV und Radio). Darauf bezogen sich meine Zweifel eher.

      4. Nun, der UN-Sonderberichterstatter spricht solche Warnungen nicht einfach grundlos aus. Der Artikel 19 der ICCPR (International Covenant on Civil and Political Rights) ist recht eindeutig:

        Article 19
        1. Everyone shall have the right to hold opinions without interference.
        2. Everyone shall have the right to freedom of expression; this right shall include freedom to seek, receive and impart information and ideas of all kinds, regardless of frontiers, either orally, in writing or in print, in the form of art, or through any other media of his choice.
        3. The exercise of the rights provided for in paragraph 2 of this article carries with it special duties and responsibilities. It may therefore be subject to certain restrictions, but these shall only be such as are provided by law and are necessary:
        (a) For respect of the rights or reputations of others;
        (b) For the protection of national security or of public order (ordre public), or of public health or morals.

        Die wichtigen Punkte habe ich mal hervorgehoben. Kurz gesagt: Der Staat hat nicht das Recht mir vorzuschreiben, auf welchem Wege ich Informationen suche, empfange und weitergebe. Diese Entscheidung steht nur mir zu.
        Auf Deutschland gemünzt heißt das: Gemäß unserem Grundgesetz (die Meinungs- und Informationensfreiheit ist in Artikel 5 geschützt) kann zwar in diese Freiheiten eingegriffen werden (z.B. wenn die Menschenwürde oder das Recht auf Leben anderer angegriffen wird), aber das Sperren des Internet-Anschlusses verstößt gegen das Übermaßverbot. Die Ahndung der Urheberrechtsverletzung kann auch durch schwächere Maßnahmen erfolgen. Der Weg über die Provider ist ebenfalls nicht möglich, weil Eingriffe in Grundrechte nur per Gesetz (vgl. Art 19 GG) durch den Staat selbst erfolgen dürfen.

        (P.S.: Wir sprechen hier von individuellem Kleinkram, nicht von Verstößen in großen Maßstab.)

  5. Ich kann den Gedankengang nachvollziehen, dass der Entzug des Internetanschlusses im Zuge der Verletzung des Rechts auf Information auch eine Verletzung gewisser Rechte des Menschen darstellt. Eine Regierung sollte nicht willkürlich bestimmen können, wer sich wie informiert. Ob man dies allerdings in die Liste der Menschenrechte aufnehmen sollte, darüber lässt sich noch streiten (diskutieren).

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.