„Freude schöner Götterfunken“ bald online? Europäisches Kulturerbe soll digitalisiert werden

Die Europäische Kommission will Schriftwerke, Bilder und Tonaufzeichnungen als Ausdrucksformen des europäischen Kulturguts digitalisieren und somit allen EU-Bürgern zugänglich machen. Das gigantische Projekt unter dem Titel „i2010: Digital Libraries“ will sämtliche „physischen“ Werke für die Nachwelt konservieren. Wie die ungefähr 2,5 Millionen Schriftbände, Bücher und Magazine und die Millionen Filmmaterial für die Nachwelt digitalisiert werden, soll in einem Vorschlag für eine Empfehlung im Juni nächsten Jahres vorgelegt werden. Für diesen Vorschlag nun hofft die EU-Kommission auf die Unterstützung ihrer Bürger: Bis zum 20. Januar 2006 sind Interessierte aufgerufen, Fragen zur Art der geplanten Digitalisierung zu beantworten: Wie man zum Beispiel private Investoren, neue Business-Modelle und die öffentlich-private Zusammenarbeit für die Umsetzung fördern könnte.

Nur: Das Urheberrecht ist nach Ansicht der EU-Kommission ein gewichtiger Faktor. Auch hier will die EU-Kommission von den Bürgern wissen, mit welchen „legislativen, technischen oder organisatorischen Mitteln“ man urheberrechtlich geschütztes Material zugänglich machen könnte und gleichzeitig dennoch die „legitimen Interessen des Autors respektieren“, so der Fragebogen. Die Auswertung der Antworten sollen auch für die geplante Überprüfung der Urheberrechtsvorschriften der EU 2006 herangezogen werden.

Die Unibibliothek bei Yahoo!

Auf internationaler Ebene gibt es von der eben gegründeten Open Content Alliance (OCA) bereits ähnliche Bestrebungen: Die setzt sich zusammen aus Organisationen wie dem Internet Archive, Bildungseinrichtungen wie der Universität Kalifornien, den Prelinger Archives oder Firmen wie Adobe und Yahoo! und will wie die EU-Kommission Printmedien und Multimedia-Content digitalisieren. Um sich nicht am Urheberrecht die Finger zu verbrennen, sollen jedoch nur Public Domain-Inhalte gescannt werden und solche, die explizit vom Autor freigegeben wurden. Die Suchmaschine Google hatte sich just gerade mit ihrem vergleichbaren Projekt, der Print Library in die Nesseln gesetzt und war letzte Woche von der Autorenvereinigung verklagt worden.

Schließlich scheuen sich zu guter Letzt die Verlage, Werke zum freien Download zuzulassen: Der Internetshop Amazon bietet seit Ende Juli die Volltext-Suchfunktion „Search Inside“ an, mit der Bücher in Auszügen eingesehen werden können. Bislang waren jedoch nicht viele Verlage bereit, ihre Veröffentlichungen dafür herzugeben.

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