Open Document Format vs Microsoft

Manchmal bewegen sich scheinbar eingefahrene Dinge doch. Jedenfalls scheint es so. Die Entscheidung von Massachusetts hat auf jeden Fall Offene Standards in die Presse gebracht und sogar Microsoft zum Reagieren genötigt. Und das obwohl Massachusetts eigentlich nur eine Selbstverständlichkeit gefordert hat – die elektronische Kommunikation mit den Behörden soll ab 2007 mit Dokumentenformaten geschehen, die alle Hersteller in ihre Software implementieren können. Nur so wird kein Hersteller bevorzugt oder benachteiligt. Alle haben die gleichen Chancen.

Diese Entscheidung von Massachusetts hat Microsoft zum Handeln gezwungen, da die Formate ihrer Office-Lösung (.doc, .xls, .ppt,…) allein von Microsoft kontrolliert werden. Dies bedeutet, dass nur Microsoft genau weiß, wie diese Formate aussehen müssen. Alle anderen Hersteller müssen das Format erraten. Dieses Raten ist erstens sehr teuer und führt zweitens mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu unschönen Fehlern, die den Austausch von Dokumenten behindert. Nun möchte Microsoft seine Formate öffnen. Schade nur, dass hier das Rad neu erfunden wird und bestehende, eingesetzte Standards, wie beispielsweise das OASIS Open Document Format, nicht verwendet werden. Der Grund für diesen Schritt liegt wahrscheinlich in strategischen Überlegungen. Offene Standards haben nämlich aus Sicht eines Marktführers die unschöne Eigenschaft, dass der Wettbewerb gestärkt wird. Schön für den Kunden, schlecht für den Marktführer. So bleibt zu beobachten, welche Taten den Ankündigungen von Microsoft folgen. Andy Updegrove wurde ein Dokument zugespielt, das erste Zweifel an der Nutzbarkeit der neuen Formate aufkommen lässt. Das neue Format soll stark auf Microsoft Office Dokumente spezialisiert sein. Was sich auf den ersten Blick nicht als Nachteil anhört, ist jedoch nicht im Sinne eines Offenen Standards. Ein Offener Standard soll keinen Hersteller bevorzugen und keinen Hersteller benachteiligen. Stimmen jedoch die Aussagen, würde der neue Dokumentenstandard sehr stark auf MS Office spezialisiert sein und wäre somit nicht mehr herstellerunabhängig. Dies erschwert die Nutzung in anderen Programmen. Das OASIS Open Document Format ist solch ein herstellerunabhängiger Standard. Es wird im Moment schon u.a. in OpenOffice, StarOffice, IBM Lotus Workplace, KOffice, writly, AbiWord, Scribus und Textmaker unterstützt. OASIS Open Document Format vs Microsoft, ich bin mal gespannt, wer sich durchsetzt.

Nachtrag: Wie GROKLAW meldet, regt sich Widerstand gegen den Microsoft-Standardisierungs-Vorstoß. Die Computer & Communications Industry Association, eine bislang mir unbekannte Lobby-Vereinigung, hat ECMA aufgefordert, den Standardisierungsantrag von Microsoft zurückzuweisen. In dem Brief (hier als PDF) ist als Begründung folgendes zu lesen:

Much, if not most technological progress today takes place in a milieu of open standards. Rather than approve this proposal as is, we urge you to insist on true openness. You should demand more of any vendor that brings a standard to your committee. If Microsoft’s proposal is to have any meaning at all, competitive vendors and open source developers must have a strong role in its development. Microsoft, likewise, should promise to develop within the confines of the standard it puts forward, and should license any intellectual property within Office 12 so that all developers can be assured that their software licenses will not conflict with Microsoft’s. Once again we urge you to reject the proposal.

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2 Ergänzungen

  1. Was sich durchsetzt? Das hängt eigentlich nur von der Dummheit der Kunden ab.. Und natürlich von den „Entscheidern“ in Unternehmen.

  2. auch hier wird man abwarten müssen: lippenbekenntnisse gibt microsoft gerne mal.
    das war bei office 2000 nicht anders; damals, als auch xml noch ziemlich jung war, aber schon allgemein als großer segen für dokumententausch wahrgenommen wurde. nun ja, in der implementierung wurden alle möglichkeiten ausgeschöpft, problemlosen dokumentaustausch zu verunmöglichen.
    binäre dateninseln in xml sind möglich, aber die art ihrer verwendung widerspricht kräftig dem gedanken des offenen standards.
    in kommenden implementierungen wird das nicht anders werden.

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