JMStV: Hilfe zur Selbsthilfe, Neues aus Berlin & Schleswig-Holstein (Update für Berlin!)

Flowchart zum JMStV

In Berlin diskutiert der „Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien, Berlin-Brandenburg“ zur Stunde ein letztes Mal über den Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag (JMStV), über den morgen im Abgeordnetenhaus abgestimmt werden soll.

Die Sitzung ist öffentlich (PDF). Der ein oder andere Berliner Netzler (Sebastian Sooth und Anja Schillhaneck z.B.) ist wohl vor Ort und hofft – zumindest am Rande der Veranstaltung – noch einmal auf die verantwortlichen Politiker einwirken zu können.

Die eigentliche Entscheidung soll in Berlin derweil bereits gefallen sein. Wir erinnern uns: Die Linke wollte die Entscheidung ihrem Koalitionspartner, der SPD, überlassen, der soll sich inzwischen entschieden haben. Zumindest wenn stimmt, was gestern Abend bei Twitter die Runde machte:

Berliner SPD-Fraktion hat in interner Abstimmung mit 17 pro und 11 gegen JMStV votiert. Damit soll die SPD am Do geschlossen dafür stimmen.
https://twitter.com/#!/wetterfrosch/status/12256743857856512

Einer der 11 Berliner SPD-Abgeordneten, der gegen den #JMStV ist, hat nach der FraSi „mehr Druck von der Netzcommunity“ vermisst. #nocomment
https://twitter.com/#!/wetterfrosch/status/12227006506729472

Bedeutet: Die SPD-Fraktion hat sich in ihrer Fraktionssitzung gestern für eine Zustimmung zum JMStV entschieden. Die Abgeordneten dürften sich an die Entscheidung gebunden fühlen. Da es sich bei Matthias, dem Urheber der Tweets, um einen langjährigen Freund des Hauses handelt, gehe ich davon aus, dass die Info korrekt ist.

[Update]: Sebaso twittert gerade, dass auch im Ausschuss eine Entscheidung gefallen ist:

Ausschussabstimmung: SPD und Linke für Beschlussvorlage. Alle anderen dagegen. #jmstv
https://twitter.com/#!/sebaso/status/12446589821919232

Ausschuss: SPD beantragt Dringlichkeit (=Aufnahme TO Plenum morgen) SPD&Links dafür, Grün&FDP dagegen, CDU enthält sich. #jmstv #Berlin
https://twitter.com/#!/sebaso/status/12446947868676096

Um den zweiten Tweet zu erklären: Die Entscheidung über die Zustimmung zum 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag stand bisher nicht auf der Tagesordnung der morgigen Plenarsitzung. Um morgen abstimmen zu können, bedurfte es des Antrags.

[/Update]

Der Hinweis, ein SPD-Abgeordneter habe „mehr Druck von der Netzcommunity“ vermisst, lässt mich einigermaßen ratlos zurück. Aber gut. Vielleicht sollten wir uns einfach dafür entschuldigen, dass wir nicht die gleichen Einflußmöglichkeiten hatten, wie die Konzerne und Lobbyverbände, die hinter verschlossenen Türen maßgeblich am JMStV mitwirken durften. Vielleicht sollten wir uns auch dafür entschuldigen, dass unsere Argumente (bis in die Anhörungen in Ausschüssen und Landtagen) weitgehend ignoriert wurden. Schließlich geht Fraktions-/Parteidiszplin vor und überhaupt kann man das dem armen Wowi Kurt ja nicht antun. Jaja, als Teilzeitlobbyist, der nebenbei noch seine Miete verdienen muss, hat man es nicht leicht ,)

Flowchart zum JMStV

Ok, Deckel drauf. Als Webmaster/Blogger sollte man sich ohnehin so langsam damit anfreunden, dass der JMStV ab dem 01.01.2011 geltendes Recht ist. Als Hilfe zur Selbsthilfe haben RA Thomas Schwenke (Schwenke und Dramburg) und Simon Möller (Telemedicus) einen praktischen Flowchart gebastelt, der für die Abschätzung von Gefahren und Möglichkeiten recht nützlich ist (Über den Punkt der Geschäftlichkeit sollten wir evtl. noch mal reden, oder Simon?).

Der neue JMStV ist so kompliziert und verwirrend, dass auch wir Juristen uns in vielen Punkten nicht einigen können, was der Gesetzgeber eigentlich regeln wollte. Und erst die Zukunft wird zeigen, ob das Gesetz uns belastet, als undurchführbar verworfen oder einfach (und wie bisher) ignoriert wird.

Da sich jedoch alle Onlineanbieter zumindest derzeit mit dem Gesetz auseinandersetzen müssen, habe ich gemeinsam mit Simon Möller von Telemedicus einen Flow-Chart erstellt. Damit kann jeder “einfach” prüfen, ob und wie er das neue JMStV anwenden soll.

Freundlicherweise haben die beiden ihr Werk unter eine Creative-Commons-Lizenz gestellt, es darf also bei Nennung der Urheber unter gleichen Bedingungen (Nennung der Urheber, …) verteilt und geremixt werden (Wobei Remixe bei einem juristischen Ratgeber natürlich nur bedingt sinnvoll sind ,).

Hilfe bei der Altersklassifizierung eigener Angebot soll auch ein für private Anbieter kostenloses Tool der FSM bieten. Die Sache hat nur kleinen Haken: Das Tool gibt es bisher ebenso wenig, wie Inhalte auf der zugehörigen Webseite oder eine endgültige Entscheidung über die technische Spezifikation der Klassifizierung (Hier der Draft, PDF).

Auf Rückfrage erklärte mir die freundliche FSM-Hotline, dass man mit Hochdruck an dem Angebot arbeite und es Anfang 2011 zur Verfügung stellen wolle. Eine ähnliche Antwort hat auch Holger Bleich von der c’t bekommen (sehr lesenswerter Artikel, übrigens):

Die FSM hat nach einigem Widerstand zugesagt, auch für Nicht-Mitglieder eine Art Online-Fragenkatalog zu entwickeln, der nach Beantwortung der Fragen eine Rating-Empfehlung für Webmaster ausspuckt. Dieses Tool soll eigentlich längst fertig und für jedermann verfügbar sein, doch die Entwicklung verzögert sich. Aktuell gibt die FSM an, wohl noch im ersten Quartal 2011 die erste Version präsentieren zu können.

Nicht beantwortet wurden mir bisher zwei andere Fragen, die ich per Mail nachgereicht hatte:

Laut http://www.fsm.de/de/jmstv-2011 ist das Tool nur für private Anwender kostenlos. Mit welchen Kosten haben Nutzer zu rechnen, die – z.B. über ihr Blog – Einnahmen erzielen bzw. ihre Angebote durch Werbebanner oder Partner-/Affiliateprogramme (Amazon et al) o.ä. querfinanzieren?

Welche Alternativen empfehlen Sie, falls das Tool bis zum 01. Januar noch nicht zur Verfügung steht?

[Update, 10.12.:] Die Antwort der FSM ist da:

Das FSM-Altersklassifizierungssystem wird zu Jahresbeginn 2011 verfügbar sein. Die Kostenstruktur für den kommerziellen Einsatz ist noch nicht final abgestimmt. Wir haben jedoch darauf geachtet, dass die Nutzung des Systems für alle Unternehmen, die ihre Angebote damit kennzeichnen möchten, wirtschaftlich sein wird. […]
Wer die Möglichkeit, sein Angebot mit einer Altersstufe zu kennzeichnen, nicht nutzen kann oder möchte, bleibt auf die auch bislang zur Verfügung stehenden Alternativen (Beschränkung der Verbreitungszeit sowie Einsatz eines technischen oder sonstigen Mittels) angewiesen.

[/Update]

Wie auch immer: Frohes Fest!

PS: Wie die Entscheidung im Saarland ausgefallen ist, bzw. ob es gestern überhaupt schon eine Entscheidung gab, kann ich leider nicht sagen. Ich höre zwar immer mal wieder in den Stream, bisher wurden aber vor allem Haushaltsfragen behandelt. Apropos Streams: In meiner Tabelle zum JMStV habe ich inzwischen alle Streams verlinkt, wo man in der nächsten Woche die Entscheidungen über den JMStV live verfolgen kann. Bitte, gern.

PPS: In Schleswig-Holstein soll sich die Regierungskoalition aus CDU und FDP für eine Zustimmung zum JMStV ausgesprochen haben. Ah, hier ist der Umdruck (PDF). Immerhin will man in 2 Jahren die Folgen evaluieren. Die Frist ist clever gewählt. Die – meiner Meinung nach – problematischen Ansätze („Brückenöpfe“) des JMStV dürften in 2 Jahren noch keine Wirkung entfaltet haben. Wohl aber dürfte man feststellen, dass man bzgl. der Freiwilligkeit bei der Installation von Schutzsoftware und Kennzeichnung von Inhalten noch etwas – nun – unterstützend nachhelfen muss. Einen schönen Kommentar zur Lage in Schleswig-Holstein gibt es auch im Landesblog.

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30 Ergänzungen

  1. Was ist das eigentlich alles? Wir haben hier einen Staatsvertrag. Ein Staatsvertrag gilt nur zwischen Staaten, das sagt ja der Name schon, und er muss bei der UNO hinterlegt sein.
    Das ganze ist ein riesen Betrug, es ist völlig illegal was die da machen. Es hat nichts aber auch gar nichts mit Staatlichkeit oder mit irgendeinem Recht zu tun.

    1. @andros: ein Staatsvertrag ist ein bindender Vertrag zwischen den (deutschen) Bundesstaaten. Das hat nix mit dem Völkerrecht zu tun

  2. Och Mensch …

    Andros, du musst nun ganz tapfer sein, die Wikipedia wurde im Zuge des Riesenbetrugs gleich mit manipuliert:

    Da in Deutschland die Länder über eigene Gesetzgebungskompetenzen (vgl. Art 70 ff. GG) verfügen, wird der Begriff auch für Verträge zwischen zwei oder mehreren Bundesländern angewandt. Oft werden wirtschaftliche Zusammenarbeit oder Grenzangelegenheiten in solchen Staatsverträgen geregelt. Ein Beispiel für einen solchen Vertrag ist der Rundfunkstaatsvertrag. Die jeweiligen Landesparlamente haben diesen Staatsvertrag anschließend durch ein sogenanntes Zustimmungsgesetz (auch Transformationsgesetz genannt) in ein Landesgesetz zu übernehmen.[1] Erst nach dieser Ratifizierung des Staatsvertrags durch alle beteiligten Landtage kann der Vertrag in Kraft treten.

    Bei meinen Recherchen habe ich inzwischen herausgefunden, dass die JMStV-Verschwörung offenbar von langer Hand geplant ist!!!!!

    Sogenannte „Staatsverträge“ (oder soll ich sagen „Scheinstaatsverträge“?) gibt es in Deutschland schon seit ziemlich lange. Der erste Rundfunkstaatsvertrag zwischen den Ländern wurde beispielsweise bereits im Jahr 1987 beschlossen. Da sieht man mal, mit welchen Mächten wir es zu tun haben … ,)

    So, und ab jetzt bitte wieder ernsthaft. Danke.

  3. Dieser Staatsvertrag wird zwischen den deutschen Bundesländern geschlossen, die z. B. auch Staatskanzleien und Staatsminister haben.

  4. Das ist bei aller Antipathie gegen dieses Regelungswerk ziemlicher Unsinn, andros. Weder gibt es im Völkerrecht eine völkerrechtliche Verpflichtung der Staaten, als Depositar für multilaterale völkerrechtliche Verträge die Vereinten Nationen zu wählen, noch ist „das Ganze“ per se „illegal“.

  5. dass der JMStV ab dem 01.01.2010 geltendes Recht ist.

    Da hast du dich verschrieben. 2011 sollte es sein.

    Ich bin enttäuscht von den Linken in Berlin. Und zur SPD fehlen mir echt die Worte.

  6. @J.S.: Danke für den Hinweis.

    Naja, die Entscheidung war wohl so zu erwarten. Ich bin eher überrascht, dass da in den letzten Stunden noch soviel Bewegung drin war. Auch die Niederlage in der SPD-Fraktion (wenn die Zahlen so stimmen) war knapper, als man erwarten durfte.

    Nun hängt es an NRW.

  7. Na, da können wir ja fast froh sein, dass der SPD Mann nicht den Bloggern die Schuld gibt, dass sie so einen Schwachsinn ins Gesetz geschrieben haben. Die FDP ist ja schon unter der 5 % Hürde, die SPD kommt da auch noch hin.

  8. Es ist doch wieder mal pervers – die 17 Pro-Stimmen sollen sich also nicht nur über die 11 fraktionseigenen Gegenstimmen hinwegsetzen, finden ebenso auch über die (angeblich geschlossenen) Gegenstimmen aus der Koalition?

    Wieso wählen wir eigentlich neben Parteien auch Direktkandidaten, wenn diese dann doch nur nach Parteilinie abstimmen? Und wieso wählen wir eigentlich „freie“ Parteien, die dann doch nur nach Koalitionslinie abstimmen?

  9. Das obige „finden“ im ersten Absatz sollte eigentlich „sondern“ heißen.

    Powered by Swipe ;)

  10. @Name (pflicht): Üblicherweise würden die Abgeordneten der Empfehlung der Fachpolitiker im Ausschuss folgen (siehe Update). Das sind mitunter nur 2 oder 3 …

    Da ist eine Entscheidung auf Fraktionsebene schon fast sowas wie die Erfindung der Demokratie ,)

  11. [Jaja, und eigentlich hat die BRD auch keine Verfassung … Komm, lass stecken]

    Psst … wer das sagt, ist automatisch ein Nazi und Verfassungsfeind … und wird auch schon mal aus diversen sozialen Netzwerken geworfen (hab ich bei Bekannten sehen dürfen).

  12. Wieviele der 22 Abgeordneten der Linken haben in ihrer FraSi gegen den JMStV gestimmt, alle 22?

    JA: 17 (SPD)
    NEIN: 11 (SPD)
    NEIN: 22 (Die Linke)

    Jetzt bitte die Stimme von Oliver Welke (heute Show) vorstellen.
    Und wir sehen, eindeutig eine Mehrheit für JA.

  13. Was sagt der Vertrag eigentlich zu Webseiten mit deutschem Inhalt aber auf auslädnischen Servern oder generell zu auslädnischen Webseiten?? Werden die standardmäßig gesperrt? Ist dann Google gesperrt, weil es auf ausländischen Servern arbeitet? -.-

  14. @piercyha: Keine Ahnung, ob die Linken in der Fraktion auch noch einmal abgestimmt haben. Eigentlich ja sinnfrei, wenn man die Entscheidung der SPD überlässt. Die Ergebnis oben bezieht sich auf die (offenbar nicht gut besuchte) Sitzung der SPD-Faktion. Addieren funktioniert da auch nicht ,)

    @Christine: Der Vertrag kennt keine ausländischen Seiten, der kennt nur schützenswerte Kinder ,)

    Nun, konsequent im Sinne des Staatsvertrags wäre, wenn nicht gelabelte Angebote von einer installierten Jugendschutzsoftware geblockt würden. Unabhängig davon, wo sie liegen.

    Andererseits: Wer würde eine Schutzsoftware installieren, die 99% des Internets sperrt? Bzw. wie lange würde es dauern, bis die Software wieder vom Rechner fliegt, wenn Berta Beispieltochter bei der Ausarbeitung ihrer Hausaufgaben alle 2 Minuten nach einer Ausnahmeregelung für eine weitere Webseite fragt? Eben.

    Will sagen: Persönlich halte ich es für unwahrscheinlich, dass im Zuge des JMStV unter das Volk gebrachte Software in der Grundeinstellung nicht gekennzeichnete Seiten ausfiltert.

    Gerüchte besagen, dass die Verantwortlichen das tatsächlich anders sehen könnten. Das wäre – meiner Meinung nach – ein Eigentor der JMStV-Befürworter.

    Wir werden sehen. Vermutlich irgendwann im Sommer.

    PS: Ob und in welcher Form Suchmaschinen betroffen sind, ist eine interessante Frage. Fakt ist, dass es keine explizite Ausnahmeregelung für Suchmaschinen gibt. Nach § 7 sind Suchmaschinen jedoch verpflichtet, einen Jugendschutzbeauftragten zu stellen (Das dürfte keine große Hürde sein, den haben die großen Suchmaschinen ohnehin schon).

    Ansonsten, mmh, könnte ich mir vorstellen, dass Suchmaschinen für automatisiert aufbereitete Inhalte Dritter nicht verantwortlich sind, nach entsprechenden Hinweisen aber … ja, was? Ergebnisse sperren müssen? Wenn Angebote entwicklungsbeeinträchtigend ab 12/16 sind und weder eine Alterskennzeichnung haben noch „Sendezeiten“ beachten? Hach, das wird noch lustig ,)

  15. Das mit dem Staatsvertrag ist (zumindest für Staatsrechtler) ein interessantes Thema. Ein „Staatsvertrag“ setzt nämlich, da hat Andros schon recht, auf beiden Seiten Staaten als Vertragspartner voraus. Das heißt, es benötigt Organisationen mit völkerrechtlicher Souveränität – für Staaten bedeutet das, sie brauchen ein eigenes Staatsvolk, ein eigenes Staatsgebiet und eigene Staatsgewalt.

    Das alles ist nach der deutschen Konzeption auf die Bundesländer zutreffend. Das sind, wie z.B. aus dem Begriff „Freistaat“ auch deutlich wird, eigene Staaten. Deswegen hat in Deutschland auch jedes Land eine eigene Verfassung, ein eigenes Wappen, ein eigenes Staatsoberhaupt. Die Länder haben eben nur bestimmte Kompetenzen – z.B. weitgehend die außenpolitische Vertretung – an den Bund delegiert.

    Deswegen ist der Rundfunkertstaatsvertrag tatsächlich ein völkerrechtlicher Vertrag. Damit dieser Vertrag Geltung erlangt, muss er von den Landesparlamenten jeweils noch als Gesetz gefasst werden. Ein solches Gesetzt sagt dann immer nur so etwas in dieser Art: „Der Staatsvertrag XY gilt im Gebiet des Bundeslandes YX.“

    @JO: Falls du Fragen hast, gerne.

  16. @Simon: Ich hatte den Eindruck, dass „andros“ eigentlich ein ganz anderes Thema unterbringen wollte. Egal.

    Fragen? Ja, durchaus ,)

    Da wäre zum Beispiel die Frage nach dem „Geschäftlichen Angebot“. Das dürfte ja nicht nur für die „Kommerzblogger“ unter uns interessant sein.

    Nerdcore fällt mir spontan als Beispiel ein. René lebt afaik nicht nur für, sondern inzwischen auch von seinem Blog und hat mächtig viel Spaß an Splatter- und Zombie-Content. Braucht er einen Jugendschutzbeauftragten?

    Oder, nächster Level: Wie schaut es bei Bannern, Affiliate-Programmmen oder Flattr/Kachingle aus (vgl. FAQ von Thomas Schwenke).

    Das wäre evtl. ein Punkt, der im Flowchart nicht ganz so deutlich wird. Wobei, ihr schreibt „ungeklärt“. Ok.

    Und, wenn du schon eimal hier bist. Die Sache mit den Suchmaschinen:

    Ansonsten, mmh, könnte ich mir vorstellen, dass Suchmaschinen für automatisiert aufbereitete Inhalte Dritter nicht verantwortlich sind, nach entsprechenden Hinweisen aber … ja, was? Ergebnisse sperren müssen? Wenn Angebote entwicklungsbeeinträchtigend ab 12/16 sind und weder eine Alterskennzeichnung haben noch “Sendezeiten” beachten?

  17. @JO: Es war auch nicht ganz ernst gemeint.

    Es zeigt aber, dass die Abstimmungsverfahren nicht unbedingt gerecht und repräsentativ sind.

    Ausschussabstimmung: SPD und Linke für Beschlussvorlage. Alle anderen dagegen.

    Jetzt haben 17 Abgeordnete der SPD Fraktion den Ausgang der Landtagsabstimmung festgelegt.

    Die NRW FDP, seit kurzem in der Opposition, spricht sich inzwischen gegen den JMStV aus. Beim Bullshit Bingo sind sie aber etwas durcheinander gekommen. Sie schreiben, sie seien jetzt, etwas überspitz formuliert, für das pornofreie Internet (Seite 5).

    Der Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten kann nur dann wirksam unterbunden werden, wenn die Inhalte im Netz nicht mehr vorhanden sind. Was nicht existiert, kann auch nicht aufgerufen werden. Diese Maßgabe „Löschen statt Sperren“ kann allein einen wirksamen Jugendschutz etwa gegenüber pornographischen oder gewaltverherrlichenden Inhalten bieten. Der Staatsvertrag hingegen fordert nur Kennzeichnung oder Zeitbegrenzung und lässt die Inhalte im Netz. „Clevere“ und technisch versierte Nutzer – zu denen oft gerade Jugendliche gehören – haben letztlich dann doch jederzeit Zugriff auf diese Inhalte.

    http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD15-857.pdf

  18. @piercyha:

    Die NRW FDP, seit kurzem in der Opposition, spricht sich inzwischen gegen den JMStV aus.

    Ja, das PDF liegt hier noch rum. Wir schauen uns jetzt seit 2 Stunden unschlüssig an und verstehen uns nicht ,) Inhaltlich mag ich in weiten Teilen zustimmen, allein, mir fehlt mal wieder der Glaube ,)

    Sie schreiben, sie seien jetzt, etwas überspitz formuliert, für das pornofreie Internet

    Solange Tobias Huch das nicht hört ,)

    @Grendel: Reicht dir ein „Das kann man auch anders sehen“? ,)

  19. @Jörg-Olaf Schäfers

    Nein, leider nicht. ;)
    Ich betreibe eine der größten deutschsprachigen Literaturplattformen und dieser Passus der FAQ ist mein einziger Hoffnungsschimmer, am 1.1. nicht schließen zu müssen.

  20. @ JO: In dem Flowchart werden eine ganze Menge Dinge nicht deutlich. Das liegt daran, dass wir nicht die KJM und die entscheidenden Gerichte sind und deswegen auch nicht voraussagen können, wie die jeweils entscheiden würden. Teilweise sind diese Fragen, die wir absichtlich offen gelassen haben, einfach noch nicht diskutiert worden (z.B. die nach dem räumlichen Anwendungsbereich des JMStV). Teilweise sind sie umstritten.

    Zum Jugendschutzbeauftragen:

    Die Bestimmung findet sich schon im alten JMStV. Vertreten wird:

    „Geschäftsmäßig“ sind fortgesetzte, selbstständig und planmäßig ausgeübte Angebote, ohne dass es auf eine Gewinnerzielungsabsicht ankommt.

    (BeckOK JmStV § 7 Rn. 2)

    bzw.

    Geschäftsmäßig ist ein Anbieter, wenn er mit Gewinnerzielungsabsicht handelt.

    (Hahn/Vesting, § 7 Rn. 7)

    Bei der KJM ist zu der Frage nichts zu finden.

    Man kann zumindest so viel sagen: Die bisherige Auffassung dazu ist relativ eng, es reicht u.U. schon Werbung auf der Seite oder eine gewisse gefestigte Organisation.

    Meiner Meinung nach ist das aber eine falsche, viel zu weite Auslegung des Begriffs „geschäftsmäßig“, und ich würde auch mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass (spätestens) ein Gericht das auch so sehen würde. Einem kleinen Blog einen solchen Aufwand zuzumuten, kann nicht verhältnismäßig bzw. mit der Meinungsfreiheit vereinbar sein. (Im Unterschied zu anderslautenden Gerüchten kann ein Blogger nämlich im Normalfall nicht sein eigener Jugendschutzbeauftragter sein).

    Echte Rechtssicherheit bekommt man aber nur, wenn man einen Beauftragten ernennt, zur FSM beitritt oder die KJM irgendwie dazu bringt, einem eine klare Auskunft zu geben.

    Zu den Suchmaschinen:

    Suchmaschinen sind eine der vielen Baustellen in der Rechtsentwicklung des JMStV. Die KJM ging in der Tat bisher von einer „jugendschutzrechtlichen Verantwortlichkeit“ von Suchmaschinenanbietern aus. Ich zitiere:

    Die KJM vertritt die Auffassung, dass … Suchmaschinenbetreiber … nicht in einem rechtsfreien Raum existieren, sondern den Jugendschutz bei den von ihnen verantworteten Angeboten durchsetzen müssen.

    http://www.kjm-online.de/files/pdf1/Stellungnahme_der_KJM_zur_Novellierung_des_JMStV_2010.pdf

    Das gilt übrigens laut KJM auch für Link-Setzer, Admin-C und „Anbieter von fremden Inhalten“ (gemeint sind wohl Webspace-Anbieter). Kein Scheiß.

    Mit dem neuen JMStV wurde versucht, diesen sog. „weiten Anbieterbegriff“ etwas zurückzudrängen, was aber nicht ganz konsequent durchgeführt wurde. Die KJM sieht sich sogar bestätigt (siehe dort).

    @Grendel:

    Das ist eine Nebelkerze. Was bei der FSM steht, ist nicht falsch. Aber der Flowchart ist auch nicht falsch.

    Um das noch mal klar zu sagen: Als user generated content-Anbieter unterfällt man der Jugendschutzpflicht, unabhängig davon, ob man die eigenen Inhalte kennt oder nicht. Wenn Inhalte in die Kategorie „ab 16“ oder höher fallen, oder wenn man auch Content für unter-12-Jährige auf der Plattform hat, dann hat man das Wahlrecht, das auf dem Flowchart genannt ist. Das heißt, man kann kennzeichnen, führt Sendezeiten oder ein Alterskontrollsystem ein.

    In der Praxis läuft es also darauf hinaus, dass Anbieter von user generated content ihr Angebot für ein Jugendschutzprogramm labeln und, um überhaupt eine kennzeichnungsfähige Altersstufe zu erreichen, auch ihr eigenes Angebot überwachen.

    Das sind, aber wie so vieles, noch ungelegte Eier. Es wäre schön, wenn die KJM sich dazu mal äußern würde…

  21. @Simon: Für mich liest sich der Absatz bei der FSM komplett wie eine Kann-Bestimmung. Der einzige Nachteil, der entstünde, wenn man nichts kennzeichnet, überwacht, … wäre, dass man bei ggf. installierten Filterprogrammen durchfällt. Da wir aber davon ausgehen können, dass es entweder keine brauchbare Filtersoftware geben wird oder Jugendliche die ohnehin aushebeln können, bräuchte mich dieser Nachteil nicht interessieren.

    Für mich stellen sich daher zwei Fragen (die sich aus der Anordnung im Flowchart ergeben):

    1. Bin ich geschäftsmäßig?
    2. Brauche ich daher einen Jugendschutzbeauftragten?

    Aber sowas kann einem ja niemand schlüssig beantworten, weil ja nicht mal die Verfasser dieser unsäglichen Buchstabenverschwendung überhaupt wissen, was sie da reden. Ich telefonier jetzt erst einmal mit unserer Rechtsabteilung, mal sehen, was man dort sagt.

    Danke für die Rückmeldung auf jeden Fall.

  22. Die Evaluierung gab es ja im Prinzip schon 2007, da es die jetzigen Argumente gegen den neuen JMStV bereits 2002 zum jetzigen JMStV gab. Eine neue Evaluierung dürfte nichts grundsätzlich neues ergeben:

    Analyse des Jugendmedienschutzsystems – Jugendschutzgesetz und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag: http://www.hans-bredow-institut.de/de/forschung/analyse-des-jugendmedienschutzsystems-jugendschutzgesetz-jugendmedienschutz-staatsvertrag

    Von 2002 http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/12894/1.html : „Sie kritisieren grundsätzlich, dass der vorliegende Entwurf „nicht hinreichend die technischen Gegebenheiten und Besonderheiten des Mediums Internet berücksichtigt“ und sich in weiten Teilen unreflektiert am Rundfunk orientiere. Dadurch würden „unerfüllbare Anforderungen an unsere Mitglieder normiert, die nicht nur eine erhebliche Rechtsunsicherheit und wirtschaftliche Belastung bedeuten würden, sondern letztendlich auch den angestrebten effektiven Jugendmedienschutz nicht gewährleisten können“

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.