Kurzanalyse des geleakten ACTA-Entwurfs bei Golem

Nein, ich bin nicht lesefaul. Ich habe nur wenig Zeit. Und da ich ahne, dass es vielen Lesern ebenso geht, verweise ich hiermit kurz und knapp auf eine Kurzanalyse des geleakten ACTA-Entwurfs bei Golem. Gut, auch die Kurzanalyse ist in der Webversion immer noch 3 Klicks lang. Gegenüber den 56 Seiten Verhandlungstext (PDF) in bestem Diplomaten-Englisch ist das aber schon ein echter Schritt nach vorn, oder?

Von den Inhalten kann man das leider nicht behaupten. Zum Thema Urheberrecht bemerkt Robert A. Gehring beispielsweise:

Wäre womöglich der Teenager betroffen, der ein eigenes Video unerlaubterweise mit einem Michael-Jackson-Hit synchronisiert und bei Youtube hochgeladen hat? […] Soll sich also der oben angesprochene Teenager tatsächlich in einem Strafverfahren vor Gericht verantworten müssen, nur weil ein Musikkonzern sich an dem Video stört? […] Sollen tatsächlich größere Teile der Jugend mit einem Federstrich kriminalisiert werden? Anscheinend verfolgt die EU-Kommission mit ACTA genau dieses Ziel.

Es gibt aber auch einen Lichtblick:

Die Kommission riskiert mit ihrem Verhalten eine Bruchlandung vor dem EU-Parlament. Dem muss sie nämlich das ACTA-Abkommen zur Absegnung vorlegen. Die Parlamentarier haben aber schon mehrfach Warnzeichen in Richtung Kommission geschickt, dass sie nicht bereit sind, ACTA um jeden Preis ihre Zustimmung zu erteilen.

Sollte ACTA auch nur annähernd so verabschiedet werden, wie im jetzt veröffentlichten Entwurf vorgesehen, werden zu den Gewinnern nicht nur Filmstudios und Musikkonzerne gehören, sondern ganz sicher auch die Piratenparteien in der EU. Ob das wohl im Sinne der EU-Kommission sein kann?

Liebe Referenten von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, wäre nun vielleicht nicht ein guter Zeitpunkt, die Chefin zu erinnern, sich vielleicht noch etwas intensiver für “für mehr Transparenz und Offenheit” bei ACTA einzusetzen, um “unbegründeten Befürchtungen und Fehlinformationen vorzubeugen”?

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8 Ergänzungen

  1. „…werden zu den Gewinnern nicht nur Filmstudios und Musikkonzerne gehören, sondern ganz sicher auch die Piratenparteien in der EU. Ob das wohl im Sinne der EU-Kommission sein kann?“
    Selbstvertändlich. Was kann der EU besseres passieren als dass die Piratenparteien erstarken! :-P

  2. @Bernhard: Ich habe lange mit mir gerungen, diesen kleinen Absatz zu übernehmen. Aber hee, ich weiß ja, was ich meiner Zielgruppe schuldig bin ,)

    Ansonsten: Für die Piraten mögen ACTA und Co natürlich ein Lottogewinn sein. Nicht, dass ich ihnen das nicht gönne.

    Deutlich lieber wäre mir aber, wenn die Piraten auch ohne ein in Folge hirnverbrannter Lobbypolitik massiv beschädigtes Internet erfolgreich wären. Zum Beispiel durch kluge und nachhaltige Politik. Deal?

    @abc: Ja, das war Absicht. Die Druckversion kann man imo besser am Stück lesen (bzw. ausdrucken). Die „browserfreundliche“ bzw. Webversion habe ich ja eine Zeile später auch nochmal verlinkt.

  3. „Soll die Staatsanwaltschaft in Zukunft regelmäßiger Besucher auf Schulhöfen und in Studentenwohnheimen werden?“

    Wenn ich dass so lese, auch im Bezug auf den Grenzübertritt und die Durchsuchung von Lappies und Ipods, dann male ich mir aus, dass beim nächsten S-Bahn fahren, nach der Scheinkontrolle die Kontrolle meines MP3 erfolgt.

    Na, Sie haben doch sicherlich nichts illegales downgeloadet? Mit diesem Gerät können wir das nun überprüfen…..Gruselmich

    also ne…recaptcha nun wieder…

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