Spanien plant Schnellverfahren gegen Webseiten-Betreiber (Update)

In Spanien sollen in Zukunft Betreiber von Webseiten, die das Kopieren urheberrechtlich geschützter Filme, Musik oder Software ermöglichen, vor Gericht gestellt werden. Dort sollen die Richter innerhalb von vier Tagen eine Entscheidung treffen und gegebenenfalls die Webseite schließen lassen, berichtet Futurezone. Das Verfahren richtet sich vornehmlich gegen Torrent-Tracker und ähnliche Seiten.

Eine „Kommission für geistiges Eigentum“ im Kulturministerium soll Beschwerden betroffener Rechteinhaber entgegennehmen und die Anzeigen prüfen. Die Betreiber beanstandeter Seiten werden zur Stellungnahme aufgefordert. Reagieren sie nicht auf eine von der Kommission als rechtmäßig eingeschätzte Löschaufforderung, soll es zu besagten Schnellverfahren kommen. Gegen die daraus resultierenden Entscheidungen soll Berufung eingelegt werden können.

Justizminister Francisco Caamano soll sich dafür einsetzen, das Verwaltungsgericht mit den Entscheidungen zu beauftragen, weil es bei Urheberrechtsverletzungen im Internet schwer festzustellen sei, wo die Website physisch liege. Damit sich der nationale Gerichtshof damit befassen kann, müsste allerdings das spanische Gerichtsverfassungsgesetz geändert werden.

Der Paragraph, der reformiert werden müsste, um die beteiligten Parteien binnen vier Tagen vorladen zu können, „bezieht sich auch auf ein besonderes Verfahren für den Schutz eines grundlegenden Menschenrechts, nämlich dem Recht auf Versammlungsfreiheit“, wie Futurezone mit Bezug auf El Mundo schreibt. „Der Artikel sichere das Demonstrations- und Versammlungsrecht im Falle eines Verwaltungsverbots.“

Der Gesetzesentwurf soll nun noch von verschiedenen Experten geprüft werden, um dann im Februar (als Teil eines Wachstumsbeschleunigungsgesetzes) ins Parlament eingebracht zu werden. Über die Proteste gegen das Gesetz hatten wir bereits an dieser Stelle berichtet.

Update: Rafael weist in den Kommentaren darauf hin, dass von diesem Gesetz lediglich kommerziell betriebene Seiten betroffen sein sollen. Was genau „kommerziell“ heißt, ist aber wohl auch in Spanien umstritten: Bejaht wird Kommerzialität auf jeden Fall da, wo man für einen Zugang zur Seite bezahlen muss. Der Betreiber eines Torrent-Trackers, der mit Werbebannern lediglich einen Teil der Betriebskosten wieder hereinholte, wurde dagegen in einem kürzlichen Prozess freigesprochen.

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6 Ergänzungen

  1. Bitte schreibt doch nicht immer untereinander ab. Der AK Zensur hat den Bericht auch gebracht, mit den gleichen Fehlern.

    1. Das höchst umstrittene Gesetz ist Teil des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes das beschlossen werden soll. Also ein Trojaner-Gesetz (es war „versteckt“).
    2. Das Gesetz geht auf eine Initiative der Kultusministerin Gonzalez Sinde zurück, die aufgrund Ihrer Verbindung zur Contentmafia und zum spanischen Kino sehr umstritten ist und deren Rücktritt durchaus möglich ist.
    3. Das Gesetz trifft, auch wenn es in Kraft tritt, nur kommerzielle p2p Anbieter, denn in Spanien ist P2P unter Privatleuten und ohne Gewinnabsicht legal und in keiner Weise sanktionsfähig, was verschiedene Gerichte auch schon bestätigt haben.

    Es handelt sich um den Versuch erstmal P2P generell zu kriminalisieren um dann auf alle P2P Fälle aufzuweiten.

    Allerdings ist es fraglich ob dieses Gesetz überhaupt durchkommt, der Widerstand ist immerhin sehr gross.

  2. @Rafael

    was das abschreiben angeht: ich habe mich ausschließlich auf futurezone berufen und das auch angegeben.

    was die fehler angeht: das nur kommerzielle p2p-seiten betroffen sind, kann ich nachtragen. wenn du zufällig weißt, wie die definition von kommerziell in diesem fall ist, wäre es schön, wenn du das schreiben könntest. würde mich interessieren, gerade mit bezug auf die erfolgsaussichten von „la lista de sinde“. fällt eine kostendeckende werbefinanzierung einer seite schon darunter?

    1. @simoncolumbus Das mit dem „Abschreiben“ war nur halbwegs böse gemeint :) ich hatte den AK Zensur schon darauf hingewiesen und wenn ich dieselbe Nachricht immer und immer so lese dann werde ich irgendwann deutlicher. Wie gesagt, war nicht vollends böse gemeint, allerdings vielleicht ein Hinweis auf verbesserungswürdige Medienkompetenz bei Berichten aus dem Ausland. Mir fällt immer wieder auf wie in Europa sich Nachrichten verändern, egal ob auf Deutsch, Englisch, Französisch oder Spanisch, die Nachrichten leiden unter dem „stille Post Syndrom“.

      Die Definition von „kommerziell“ ist in Spanien derzeit ein wenig umstritten. Der sogenannte „ánimo de lucro“ wurde bejaht, wenn eine Geldleistung fällig wurde, also wenn man einen monatlichen Betrag für den Zugang zu einer Webseite oder einem FTP-Server zahlen muss.

      Bei Werbebannern hat die Contentindustrie erst kürzlich ein Verfahren verloren als ein kleiner Tracker der zugemacht und beschlagnahmt wurde in die Revision kam, dort hat der Richter die Werbebanner als Kostendeckung gesehen und ist nicht von einer Gewinnabsicht ausgegangen, vor allem weil nachweisbar war, das der Betrieb des Trackers mehr kostete als jemals über die Banner eingenommen worden war.

      Daher kam es zu einem Freispruch, Erstattung der Kosten und Abweisung des Schadensersatzanspruches in Konsequenz.

      „La liste de Sinde“ ist so eine Idee, an dem praktisch die Unsinnigkeit des Gesetzes aufgezeigt werden soll, was ja nach Aussage von Sinde sowieso nur wenige Webseiten (so um die 100) betreffen soll.

      Genauer gesagt haben wir hier eine ganz EXAKTE Paralelle zur Zensursula-Gesetzgebung, da die Sperren nur „ganz wenige“ Webseiten ausmachen soll, diese aber niemals konkret benannt werden, weil es sie in der Realität gar nicht gibt (kommerzielle Tracker die Millionen scheffeln vs. Milliarden in der KiPo Industrie).

      Gruss,

      Rafael

  3. @Rafael

    Danke für die Aufklärung.

    Was Fehler bei der Übernahme von Nachrichten gerade aus anderen Sprachen angeht: Ja, das ist ärgerlich. Aber es wird sich wohl leider auch nicht so leicht verhindern lassen, wenn wir darüber berichten wollen. Ich habe gerade noch einmal nachgeschaut, wenn ich nichts übersehen habe, erwähnen weder Futurezone noch TorrentFreak, dass das Gesetz nur kommerziell betriebene Seiten betreffen soll, beides ansonsten durchaus gut recherchierende Seiten.

    Allerdings möchte ich auch noch einmal betonen, dass wir über Hinweise und Korrekturen immer dankbar sind.

  4. Was mich sehr sehr wundert:

    Wieso scheint es bei Filesharing-Seiten kein Problem zu sein diese binnen kürzester Zeit zu schließen/löschen/verurteilen, während es bei Kinderpornographie angeblich „ach so schwer“ ist?

    Ich denke die werden auch noch versuchen im Bereich P2P Selbstjustiz durchzusetzen, Geld genug scheint dafür ja reingebuttert zu werden, so „bemüht“ wie einige Damen und Herren Anzugträger da sind…

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.