41 Regierungen nehmen zum UN-Bericht zur Informations- und Meinungsfreiheit im Internet Stellung

41 Nationen haben zum Bericht des UN-Sonderbeauftragten für Meinungs- und Pressefreiheit, Frank La Rue, Stellung genommen. Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich gehören nicht zu den Unterzeichnern. La Rue kritisierte in dem UN-Bericht willkürliche und intransparente Filtermethoden im Internet und bezeichnete Internetsperren als Menschenrechtsverletzung.

In der Erklärung an den Menschenrechtsrat unterstreicht der schwedische Außenminister Carl Bildt im Namen der unterzeichnenden Nationen, dass alle Freiheiten, wie zum Beispiel die Meinungs-, Informations- und Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, nicht nur offline sondern auch online verteidigt werden müssen. Der Informationsfluss sollte so wenig wie möglich eingeschränkt werden.

Die Unterzeichner betonen weiterhin, dass die Privatsphäre, als wichtige Voraussetzung für die Meinungsfreiheit im Netz, geschützt werden muss. Als elementar definieren sie zudem den universellen Zugang zum Internet, die Bewahrung der Netzneutralität sowie das Recht, anonym kommunizieren zu können. Strafmaßnahmen, die Internetsperren für Nutzer vorsehen, werden als unverhältnismäßig bezeichnet:

All users, including persons with disabilities, should have greatest possible access to Internet-based content, applications and services, whether or not they are offered free of charge. In this context, network neutrality and openness are important objectives. Cutting off users from access to the Internet is generally not a proportionate sanction.

Die Stellungnahme stimmt der Kritik des UN-Berichts zu und erklärt, dass im Vergleich zu den traditionellen Medien für Internetdienstanbieter keine restriktiveren Standards gelten sollten:

We consider Government-initiated closing down of the Internet, or major parts thereof, for purposes of suppressing free speech, to be in violation of freedom of expression. In addition, Governments should not mandate a more restrictive standard for intermediaries than is the case with traditional media regarding freedom of expression or hold intermediaries liable for content that they transmit or disseminate.

Die unterzeichnenden Nationen und Delegationen:

Österreich, Bosnien, Botswana, Brasilien, Kanada, Chile, Costa Rica, Kroatien, die Tschechische Republik, Dänemark, Djibouti, Guatemala, Indien, Indonesien, Israel, Japan, Jordanien, Litauen, Rep. Mazedonien, Malediven, Mauritius, Mexiko, Moldawien, Montenegro, Marokko, die Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Palästina, Peru, Polen, Senegal, Südafrika, Serbien, Schweden, Schweiz, Tunesien, Türkei, Ukraine, die Vereinigten Staaten, Uruguay

Wie Ihr sehen könnt: Deutschland fehlt in der Auflistung. Wir haben das Auswärtige Amt angefragt, was der Grund ist, warten aber noch auf eien Antwort.

(Crossposting von vasistas?)

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10 Ergänzungen

  1. Russland und die übrigen GUS sind auch nicht dabei, oder ist die liste nicht vollständig? China und Nord-Korea sowieso… (aber wo bleibt Süd-Korea, Australien und die übrigen Fernost-Staaten?)

  2. Türkei? War da nicht was?

    Auch bei Kanada, Marokko und NL bin ich mir nicht ganz so sicher.

    „or major parts thereof, for purposes of suppressing free speech“

    Vermutlich ist „major parts“ Diskussionssache.

  3. Das Dokument ist doch ein Feigenblatt. Was bedeutet es denn schon, wenn man sich dazu bekennt, „größere Teile des Internets“ zu blockieren sei falsch?

  4. Welche(r) Politiker der BRD sind denn hierfür zuständig, sprich, an wen kann ich meine Fragen richten, Fragen solcher Art:

    – Macht es Sie stolz, nach jener umstrittenen Libyen-Enthaltung vor einigen Monaten, dass die Bundesrepublik Deutschland nun wieder in einem Atemzug genannt werden wird mit Ländern wie Weißrussland, Nordkorea, der Volksrepublik China, Saudi-Arabien oder dem Iran?

    – Ist die Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik Deutschland nach Ihrer Einschätzung kein schützens- und bewahrenswertes Gut, dem uneingeschränkt, gerade auch im Internet, Geltung zu verschaffen ist?

    – Wie stehen Sie zur Kernaussage des UN-Berichts, Internetsperren als Menschenrechtsverletzung einzustufen?
    Glauben Sie, dass ein Land mit dieser Geschichte und der daraus erwachsenden Verantwortung es sich leisten kann, einzelne Menschenrechte zu relativieren und deren Einschränkung billigend in Kauf zu nehmen – weil z.B. wirtschaftliche Lobbyverbände oder polizeiliche Ermittler es sich wünschen?

  5. Zur Erinnerung: Ausgerechnet dieses Schweden war mit eines der ersten Länder (oder sogar das erste?), das mit
    IPRED-lagen, Deep-Packet-Inspection auf Wunsch der EU Direktive 2004/48/EC im Netz eingeführt hatte.

    Von daher werte ich leider auch die Rede & das Engagement Carl Bildts als Nebelkerzen… die inhaltlich korrekt sind, von den Regierungen aber getrost ignoriert werden.

  6. Wenn man über Meinungs- und Pressefreiheit im globalen Vergleich spricht, sollten einem – bei aller berechtigten Kritik im Detail oder gegenüber schädlichen Vorschlägen das Internet betreffend – meines Erachtens die Maßstäbe nicht verrutschen. Ich empfehle daher diese beiden Übersichten:

    http://en.rsf.org/press-freedom-index-2010,1034.html
    http://en.rsf.org/internet.html

    Schweden ist auf Platz 1, Deutschland auf Platz 17 von 178 Ländern, wenn es um Äusserungsfreiheiten geht. England, USA und Australien sind noch hinter uns.

    UN-Berichte haben in der politischen Praxis schlicht keine sehr hohe Relevanz. Das sagt nichts über die Situation in den jeweiligen Ländern aus. Und die ist sowohl in Schweden wie in Deutschland vergleichsweise „good“ http://en.rsf.org/IMG/pdf/carte-2011.pdf

  7. „Deutschland fehlt in der Auflistung. Wir haben das Auswärtige Amt angefragt, was der Grund ist, warten aber noch auf eien Antwort.“

    Kannste lange warten. Falls doch eine Antwort kommt…naja, kann sich jeder denken was da wohl drinne steht.

    Deutschland ( vertreten durch gewählte Politiker) hat was GEGEN Informations- und Meinungsfreiheit. Ich glaube wirklich, dass das in D NICHT erwünscht ist.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.